Retrospektiven – so machen Sie Ihr Team produktiver

Gemeinsame Reflexion und ehrlicher Austausch in Gruppen

retroperspektiven
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Eine Retrospektive ist eine Gelegenheit zum Lernen und zur Verbesserung. Man nimmt sich Zeit – außerhalb der täglichen Routine –, um über vergangene Ereignisse und Verhaltensweisen nachzudenken.

In ihrer einfachsten Form beantwortet die Retrospektive die folgenden drei Fragen:

  • Was hat gut funktioniert?
  • Was hat nicht gut funktioniert?
  • Was möchten wir in Zukunft anders machen?

In nicht-agilen Organisationen werden Retrospektiven meist erst nach Abschluss eines Projekts durchgeführt, um sozusagen die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Dies sind meist längere, umfangreiche Besprechungen.

In einer agilen Umgebung sind die Retrospektiven eher kurz und werden dafür häufiger durchgeführt (z. B. 90 Minuten am Ende eines zweiwöchigen Sprints). So ist das Projekt noch im Gange und Sie können Probleme, die den Projekterfolg gefährden, rechtzeitig angehen und das Projekt auf Kurs halten.

Scrum erlernen mit Retroperspektiven? In Scrum sind die Retrospektiven ein Teil der regelmäßigen Sprint-Meetings (gem. Scrum Alliance).

Dauerhaft fehlende Reflexion kann zu Problemen führen

Regelmäßige Retrospektiven können das Klima innerhalb Ihrer Gruppe enorm verbessern. Sie schaffen einen Raum für gemeinsame Reflexion und damit für einen ehrlichen Austausch und sorgen im besten Fall für mehr Zusammenhalt. Ferner hilft es

Zu den häufigsten Problemen, die in Gruppen ohne regelmäßige gemeinsame Reflexion auftreten, gehören unter anderem folgende:

  • Fehlen einer Team-Identität: Die Mitglieder der Gruppe fühlen sich nicht gegenseitig für die gemeinsamen Ziele verantwortlich. Es kann zu mangelndem Engagement, Widersprüchen zwischen den Zielen der Gruppe den Zielen der einzelnen Mitglieder oder zu schlechter Zusammenarbeit kommen.
  • Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung: Die Mitglieder der Gruppe halten bei der Entscheidungsfindung starr an ihren Positionen fest oder bringen ständig die gleichen Argumente vor, anstatt neue Informationen einzubringen.
  • Unzureichende Kommunikation: Gruppenmitglieder unterbrechen einander oder reden übereinander anstatt miteinander. Einige Mitglieder können die Gruppe sabotieren, indem sie bei gemeinsamen Besprechungen durchgängig schweigen, Probleme andeuten, aber nicht formell ansprechen, oder einen falschen Konsens herstellen (alle nicken zustimmend, ohne wirklich zuzustimmen).
  • Unfähigkeit, Konflikte zu lösen: Konflikte können nicht gelöst werden, wenn die Spannungen immer weiter zunehmen und Gruppenmitglieder persönliche Angriffe vornehmen oder sich aggressiv verhalten.

Welche Rolle spielen Führungskräfte in Retrospektiven?

Agile Teams nutzen Retrospektiven, um über ihre Arbeitsweise nachzudenken. Hierbei liegt es in der Verantwortung des Teams selbst, sich kontinuierlich zu verbessern. Anstatt den Anweisungen einer Führungsperson zu folgen, muss das Team selbst entscheiden, welche Maßnahmen es ergreifen möchte.

Was können Führungskräfte (bzw. Gruppenleiter) also tun, um ihre Teams bei Retrospektiven zu unterstützen?

Wenn Sie eine Führungskraft sind und an einer Retrospektive teilnehmen möchten, finden Sie hier einige Verhaltensvorschläge, die Sie berücksichtigen sollten:

  • Geben Sie der Gruppe ihren Freiraum: Die Versuchung, sich einzumischen und Lösungen anzubieten, ist groß. Trotzdem sollten Sie Ihrem Team die Erfahrung ermöglichen, miteinander zu arbeiten und zu lernen, wie man Probleme gemeinsam löst.
  • Greifen Sie nur ein, wenn es wirklich nötig ist: Besonders bei neuen oder unerfahrenen Mitgliedern sollten Sie bei Bedarf als Coach oder Mentor fungieren. Gehen Sie hierbei jedoch mit Bedacht vor. Wenn die Gruppenmitglieder bereits erfahren und kompetent sind, sollten Sie möglicherweise überhaupt nicht an der Retrospektive teilnehmen. Ihre Gruppe wird das Vertrauen zu schätzen wissen, das Sie ihr entgegenbringen.
  • Beobachten und zuhören: Einer guten Retrospektive als Zuschauer beizuwohnen, kann durchaus Spaß machen. Also lehnen Sie sich zurück und genießen Sie einfach. Wenn sich die Retrospektive unorganisiert oder unstrukturiert anfühlt, sprechen Sie dies am besten erst nach dem Treffen an.
  • Ermuntern und loben: Gehen Sie nicht einfach weg, sobald die Besprechung beendet ist. Wenn die Gruppe gute Arbeit geleistet hat, sprechen Sie dies auch an.

Welche Fähigkeiten und Qualifikationen sind notwendig, um eine Retrospektive anzuleiten?

Jede Retrospektive braucht einen Moderator oder eine Moderatorin, die das Gespräch leitet und sicherstellt, dass alle Mitglieder zu Wort kommen. Gute Moderatoren verfügen über ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz. Das bedeutet, dass sie die nonverbalen Signale anderer leicht lesen können, um zu verstehen, wie sich der Einzelne fühlt.

Sie nutzen dieses Gespür, um ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder Beteiligte wohlfühlt und frei sprechen kann. In größeren Organisationen kann es hilfreich sein, wenn erfahrene Moderatoren andere Personen coachen, die lernen möchten, wie man Retrospektiven moderiert.

Personen, die bei der Durchführung von Retrospektiven mitwirken, sollten über folgende Kernkompetenzen verfügen:

  • Kann nonverbale Hinweise lesen, um die Stimmung im Raum einzuschätzen und zu erkennen, wer etwas zu sagen haben könnte
  • Kann das Gesagte paraphrasieren, um es für sich und andere zu verdeutlichen
  • Stellt offene Fragen, um tiefergehende Gedanken anzuregen
  • Es fällt ihm leicht, die Diskussion zu unterbrechen, wenn sie aus dem Ruder läuft oder jemand die Diskussion dominiert
  • Lenkt die Diskussion auf die Ziele der Gruppe

Der Trainingsprozess für Retrospektiven-Moderatoren ist nicht festgelegt und entwickelt sich ständig weiter.

Im Folgenden finden Sie eine Reihe von Maßnahmen, mit denen Sie Ihre Fähigkeiten zur Moderation von Retrospektiven verbessern können:

  • Vereinbaren Sie ein persönliches Gespräch mit einem erfahrenen Retrospektiven-Moderator in Ihrem Umfeld, um ihm oder ihr Fragen zu stellen.
  • Beobachten Sie eine Retrospektive, um zu sehen, wie das Ganze abläuft.
  • Seien Sie aufmerksam während der Retrospektive und notieren Sie alle Fragen, die Sie an den Moderator haben.
  • Führen Sie nach der Retrospektive eine Nachbesprechung mit dem Moderator durch. Stellen Sie Ihre Fragen und konzentrieren Sie sich dabei auf folgende Punkte:
  • Warum hat der Moderator den Teilnehmenden bestimmte Fragen gestellt?
  • Warum gab der Moderator dem Team für manche Themen mehr Zeit zur Diskussion als für andere?

Warum sind Retrospektiven so wichtig?

Sie bieten Ihrer Gruppe die Möglichkeit, zurückzublicken und zu sehen, wie sie sich verbessern kann. Retrospektiven können ein Katalysator für organisatorische Veränderungen und für Veränderungen in der Gruppe sein. Sie können ein Ort sein, um Teams aufzubauen und zu befähigen, oder um Gruppen dabei zu helfen, ihre gemeinsame Reise von der bestmöglichen Position aus zu starten.

Retrospektiven können ein Ort sein, an dem man lernt, Probleme zu lösen, Spaß hat und sich gegenseitig motiviert. Wenn Sie in Ihrer Gruppe oder Ihrem Team noch keine Retrospektiven veranstalten, verpassen Sie möglicherweise eine großartige Chance zur Reflexion und Veränderung, die der wichtigste Teil Ihrer gemeinsamen Reise sein könnte.